Filme
Regie/Drehbuch: Tony Baillargeat
Produzentin: Iris Sommerlatte
Bildgestaltung: Guillaume Audrey
Cast: Philippe Pillon, Tony Baillargeat, Eric Borras, Alain Narron, Enrico Mattaroccia, Sophie Gueydon, Jo Prestia, Jonathan Zacchai
Verleih: MOP Distribution
Kinostart Deutschland 10. Januar 2001
Genre: Thriller
Mörder und Poet, Gangster und Philosoph: Der Mann, den Feind wie Anhänger respektvoll „Le Normand“ nennen, ist Zwitter aus Gewalt und Intellekt; einer, der seine Opfer in die Lyrik Rimbauds und Beaudelaires einführt, um sie dann grausig für Verrat und Untreue zu bestrafen. Nico steht in den Diensten des „Normannen“- ein Job, der von Tag zu Tag gefährlicher wird. Denn Le Normand führt Krieg gegen rivalisierende Banden, und eine von ihnen zwingt Nico zum Verrat: Er soll seinen Auftrageber in eine Falle locken. Doch der Deal geht schief, der Nomanne will Rache, so kommt ein Drama in Gang, das immer mehr Opfer fordert.
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Festivals (Auswahl)
Filmfest Hamburg 1999 (tesafilm Reihe)
Max-Ophüls Filmfestival Saarbrücken 2000
International Filmfestival of Rotterdam 2000
International Filmfestival of Sochie 2000
International Filmfestival of Bratislava 2000
Filmfestival Braunschweig 2000
Verzaubert Filmfestival 2000
The New Filmfestival of New York 2001
Pressestimmen:
Die Welt
10/3/1999
Ein Höhepunkt des Tesafilm – Festivals, das jungen internationalen Nachwuchs – Regisseuren ein Podium gibt, ist eine deutsch – französische Koproduktion. Der 29-jährige Tony Baillargeat zeigt seinen Erstling „Les Déclassés“. Baillargeat, der schon mit 12 Jahren anfing für Theater und Kino zu schreiben, ist ein Multitalent. In seinem Film hat er nicht nur Regie geführt. Auch das Drehbuch stammt von ihm. Und er spielt die Hauptrolle: Nico, einen jungen Mann von der Schattenseite des Lebens, der für einen Pariser Drogendealer arbeitet, einen Killer – und das macht den Reiz dieses Filmes aus – der aber auch Poet und Philosoph ist: ein Zwitter aus Gewalt und Intellekt. Nico, der im Grunde unschuldige Junge aus der Provinz, wird am Ende über ihn triumphieren. „Mein Film soll die Ambiguität aufzeigen, die in jedem von uns steckt“, sagt der Regisseur, „wenn ich ihm ein Etikett umhängen müsste, stufte ich ihn als psychologischen Krimi ein, irgendwo zwischen Scorseses „Taxidriver“ und Carnés „Hafen im Nebel“. Referenzen, die für seinen guten Geschmack sprechen... Zur Brutalität in seinem Film befragt, meint er: „Ich will die Gewalt nicht verklären, sondern zeigen, warum meine Figuren überhaupt so gewalttätig werden“. Bei seinen jungen Helden ist ihm das auch gelungen.
Süddeutsche Zeitung
11/23/2000
Hans Schifferle
Wie ein Stich im Herzen
Verzaubert: Melancholie und Märchen beim schwul-lesbischen Festival
Die komplexen und intensiven Filme kamen diesemal nichr aus Amerika, sondern aus Asien und Europa, vor allem eben aus Frankreich, wo zurzeit ein aufregendes Kino der schmutzigen Poesie aufblüht.
Zweifellos, das amerikanische Queer Cinema ist zur zeit zu süffig, zu korrekt, zu harmlos.
Welche Kraft geht dagegen von dem ungestümen, überbordenden französischen Erstling „Les Déclassés“ aus, dem Schocker des diesjährigen Festivals. Der junge Tony Baillargeat hat diesen harten, elegischen Gangsterfilm geschrieben und inszeniert – und spielt darin noch eine Hauptrolle. Jean Genet und Abel Ferrara, David Fincher und Marcel Carné haben für Baillargeats hemmungslos ambitioniertes Debüt Pate gestanden, das in einem poetischen Hyper-Realismus die Verlierer und Heiligen, die Narren und dunklen Fürsten in der dreckigen Unterwelt zwischen Paris und Le Havre porträtiert. Ein Totentanz, der das Publikum sicherlich polarisiert, aber auch zu Tränen rühren kann. „Mein Film soll die Widersprüche aufzeigen, die in jedem von uns stecken“, sagt Baillargeat. Endlich wieder ein Film, der die Zwiespältigkeit und die Zweideutigkeit feiert, der den Zuschauer bewegt und verunsichert. Unvergesslich bleibt der Gangsterboss, ein Killer und moralischer Philosoph, der modert und dabei Hermann Hesse zitiert.
Blickpunkt Film
Heft 52/00
12/27/2000
Wer in einem psychologischen Krimi den Satz fallen lässt, „Das Verbrechen muss Nationalstolz bleiben“, der hat mit dem Genre Ungewöhnliches vor. In der Tat schwingt sich Regisseur, Autor und Hauptdarsteller Tony Baillargeat in seiner Hommage an den Film noir, an den poetischen Realismus von Marcel Carné („Hafen im Nebel“) und die Gewaltausbrüche in den Filmen von Martin Scorsese in philosophische Höhen auf. Aus einem lakonischen Gangsterfilm über Männerbünde, Bandenkriege, Verrat und Gewalt wird eine Krimi-Elegie über einsame und eiskalte Killer zwischen Depression und Heimtücke.
Im Mittelpunkt steht der schwule Mörder und Gangster „Le Normand“, der vor, während und nach seinen Gewalttaten, bei denen Opfer zerhämmert, zerbohrt oder zersägt werden (was stets im Off geschieht), meditiert, Gedichte zitiert und philosophiert. In seinen Bandenkreis geraten Gelegenheitsstricher Sergio und seine Freunde, die Brüder Nico und Eric. Weil allein der Schatten des Misstrauens genügt, er könne bei einem Deal in Paris verraten worden sein, tötet der Normanne Eric. In den Docks von Le Havre, wo er residiert, kommt es zum spektakulären Showdown zwischen dem Normannen, Nico und dem Killer Franck.
Baillargeat spart nicht an lakonischem Humor, konzentriert sich in seiner Inszenierung aber auf die spannende Sinnsuche der Gangster, die Reinheit Erics, der noch Jungfrau ist und von seinem Bruder mit Kunststudentin Isabelle betrogen wird, den Schmerz Sergios, der von zwei Vollblutlesben als Befruchtungsorgan benutzt wurde, und die Todessehnsucht des Normannen. Ein Universum wie in Jean Genets „Querelle“, mit Verweisen auf Melvilles makellose Meisterwerke („Vier im roten Kreis“), auf Popidol Johnny Halliday, mit Einsichten („Die Tabus von gestern sind die Wonnen von heute“) und Aussichten in Arthouse-Kinos.